Krisen & Bedrohungen
Bauernaufstand des Jahres 1597
von Eva Zankl
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Allgemeine Lage der Bauern im 16. Jahrhundert
Vor mehr als 400 Jahren erhoben sich in Ober- und Niederösterreich die Bauern, um ihre Rechte einzufordern und die zunehmende Bedrückung durch die Grundherren zu beenden. Der frühere Stadtarchivar Friedrich Richter beschäftigte sich in den neunziger Jahren mit einem Aktenkonvolut aus dem bayerischen Hauptstaatsarchiv, das den Aufstand und dessen grausame Niederschlagung dokumentiert.
Am Ende des 16. Jahrhunderts hatte sich die soziale Lage der Bauern in Österreich erheblich verschlechtert. Die ohnehin schon enormen Belastungen durch Zehent und Robotleistungen wurden durch die Kriegssteuern für die Abwehr der osmanischen Eroberungszüge, die die Grundherren an sie weitergaben, noch verschärft.
1594 kam es zu ersten kriegerischen Handlungen in Oberösterreich, die im November 1595 mit einem Waffenstillstand in Grieskirchen endeten. Auch in Niederösterreich brachen zunächst immer wieder kleinere Unruhen ohne weitreichendere Folgen aus, als 1596 die Rüststeuer für die neuen Feldzüge gegen die Osmanen mit erheblichen finanziellen Belastungen aber auch die Einberufung jedes 5. Mannes das Fass zum Überlaufen brachten. Bauern aus dem Grenzbereich zwischen Ober- und Niederösterreich schlossen sich zum Haager Bund zusammen.
Dieser zeigte die ersten Widerstandsbestrebungen anlässlich der Musterung von 500 Untertanen in der Burg zu Steyr am 7. Oktober 1596. Die Bauern verweigerten die Gefolgschaft für Kriegsdienste außerhalb ihres Landes, worauf der Burggraf zu Steyr Ludwig von Starhemberg zwei der Rädelsführer gefangen setzen und hinrichten ließ. Die Aufregung unter den Bauern verbreitete sich in Windeseile und führte zu Aufständen im Traunviertel, aber auch in Niederösterreich. Einer der Anführer der Unruhen war der Amtmann von Waidhofen Veith Kroisbacher. Als letzte erhoben sich die Bauern im Erlauftal und besetzten am 24. November 1596 Schloss Wolfpassing. Mit dem Jahreswechsel meldete sich der Kaiser aus Prag zu Wort, indem er für die Beendigung der Kampfhandlungen Begnadigung versprach, aber bei Ablehnung mit härtesten Strafen drohte. Der Reichsherold konnte die Bauern beruhigen und überbrachte ihnen die Antwort, dass sie ihre Forderungen vorbringen könnten, wenn sie sich gehorsam zeigten. Doch neuerliche Gerüchte, dass die Stände ein Söldnerheer aufgestellt hätten, ließen die Verhandlungen scheitern. Hans Markgraber, der Ende Jänner 1597 in Amstetten zum neuen Anführer der Bauern gewählt wurde, eroberte mit seinen Männern diverse Orte im westlichen Mostviertel.
Die Situation in Waidhofen
In Waidhofen residierte in dieser Zeit der Freisinger Pfleger Christoph Murhammer, der sich einen schlimmen Ruf zugezogen hatte, als er den protestantischen Stadtrat von Waidhofen abgesetzt und ihren Anführer Wolf Ebenperger zum Tode verurteilt hatte. Durch seinen Gesundheitszustand stark angeschlagen, kontaktierte er seinen Grundherrn in Freising und erhielt den Befehl, den auch schon der Kaiser ausgegeben hatte, die Stadt zu befestigen und gegen die Bauernrotten abzuriegeln.In Waidhofen erhielt Murhammer jedoch wenig Unterstützung, da die Stadträte sich nicht auf einen Kampf mit den Bauern einlassen wollten, wenn sie ihnen durch die Übergabe von Lebensmitteln eine Einigung abringen konnten. Die Stadt hatte im 16. Jahrhundert zwei schreckliche Stadtbrände erlebt, der letzte davon erst 1571. Seit diesem Ereignis lag ein großer Teil der Stadt in Ruinen und 160 leerstehende Häuser waren ein Zeugnis für den wirtschaftlichen Notstand der Stadt. Kriegshandlungen waren das letzte was die Stadtväter brauchen konnten.
Nachdem die Verhandlungen der Bauern mit einer kaiserlichen Kommission gescheitert waren, rüsteten sich die Bauern gegen das kaiserliche Heer. Sie sammelten sich mit 5.000 Mann im Markt Ulmerfeld, nachdem sie das Schloss dort eingenommen und den gefangenen Steyrer Burggrafen Starhemberg gefoltert hatten. Über Blindenmarkt zogen sie schließlich nach Ybbs und über das kleine Erlauftal nach Ybbsitz und Waidhofen. Murhammer drohte den Bürgern mit harten Strafen, wenn sie die Bauern einließen – wohingegen die Bauern drohten, die Lebensmittelzufuhr nach Waidhofen abzuschneiden. Auch Erzherzog Matthias ermahnte die Waidhofner, die als Teil seines Eisenkammergutes seinen Befehlen zu Folgen hätten. Den besiegten Bauern sollten Nasen, Ohren und Hände abgehackt werden.
In Waidhofen wurde die Lage zunehmend gefährlich. Die Erfolge Markgrabers ließen wenig Hoffnung auf eine erfolgreiche Verteidigung der Stadt zu, auch deshalb weil die Stadtbefestigungen nach dem Stadtbrand noch nicht wieder zu voller Funktionstüchtigkeit hergestellt worden waren. Nach mehreren Verhandlungsrunden zwischen dem Stadtrat und Murhammer schlossen die Waidhofner Bürger mit Wissen und vermutlich auch Duldung des kranken Pflegers am 29. März 1597 einen Vertrag mit den Aufständischen.
Man ließ die Bauern in die Stadt, versorgte sie mit Lebensmitteln und nahm ihnen das Versprechen ab, die Bewohner der Stadt zu schonen. Pikante Nebennotiz der Geschichte: Markgrabers Stellvertreter in Waidhofen war Gerlach der Jüngere, der ehemalige Mitarbeiter Wolf Ebenpergers, der durch Murhammer einen elenden Tod im Kerker gefunden hatte. Gleichzeitig gingen drei Schreiben von Murhammer und den Stadträten an Erzherzog Matthias und den Bischof von Freising, die die Einigung mit den Bauern rechtfertigen sollten. Nachdem am 6. April 1597 die kaiserlichen Truppen unter General Moraskhy die Aufständischen bei Emmersdorf geschlagen hatten, reagierten Kaiser und Erzherzog scharf auf die Waidhofner Vereinbarungen und forderten Rechenschaft von Murhammer. Erst mit reichlicher Verspätung und eher halbherzig schloss sich auch der Bischof von Freising am 19. April dem Protest an.
Er bestellte den Hauptmann Hans Hueber mit einer Besatzungstruppe ins Schloss. Sie sollten eine weitere Kooperation der Städter mit den Aufständischen verhindern. Hueber nahm dem leidenden Murhammer viele Vogteirechte aus der Hand, war jedoch zu keinen militärischen Handlungen gezwungen, da die Bauern inzwischen aufgerieben und bestraft worden waren. 60-70 Exekutionen und viele Strafen mit abschneiden von Nasen und Ohren waren das Ergebnis des Bauernaufstandes. Es sollten noch einige hundert Jahre vergehen, bis die Bauern ihre Forderungen durchsetzen konnten.
„Die Türkenpfeifer“
Von Christine DörrIn drei Artikeln soll den Freunden der Volkskultur der Brauch „Die Türkenpfeifer“ wieder ins Gedächtnis gerufen werden. Unseren Mitbürgern mit Migrationshintergrund möchten wir versichern, dass dieser Brauch mit Fremdenfeindlichkeit nichts zu tun hat. Wie so viele geschichtliche Ereignisse beruht der Brauch auf Krieg und Not. Er ist ein Gedenken an die Ereignisse im Jahre 1532 und deren Überwindung.
Warum kam es zum Krieg mit den Türken?
Mit dem Tod des letzten Jagellonen Ludwig II. in der Schlacht von Mohac 1526 gegen Sultan Süleyman I., war die böhmische und ungarische Krone per Vertrag von 1515 an Erzherzog Ferdinand von Österreich, seinen Schwager, gefallen.Die böhmischen Länder hielten sich an den Vertrag und kannten Ferdinand als böhmischen König an, doch Teile des ungarischen Adels wählten Johann Zapolya, den Woiwoden von Siebenbürgen, zu ihrem König. Ein Bündnis Zapolyas mit Sultan Süleyman I. sollte ihm die Krone sichern. Das Osmanische Reich betrieb, gestärkt durch viele vorher errungene Siege, eine Expansionspolitik. Mit dem Sieg über Konstantinopel erreichten die Osmanen europäischen Boden. Ihren Siegeszug setzten sie durch Unterwerfung vieler Länder, vor allem weiter Teile der Balkanhalbinsel fort. Ungarn war geteilt in das „Königliche“(unter österr. Herrschaft) und das osmanische Vasallenreich von Johann Zapolya. Die gemeinsame Grenze mit dem osmanischen Reich warf immer wieder Konflikte auf. 1529 rückte das osmanische Heer bis nach Wien vor.
Nach diversen Thronkämpfen, in denen sich Ferdinand durchgesetzt hatte, galt es nun, die Osmanen aufzuhalten. Erzherzog Ferdinand, der eine kriegerische Auseinandersetzung mit den Osmanen nicht scheute, fehlten aber die Geldmittel für ein solches Unternehmen, vor allem da die deutschen Reichsstände nicht bereit waren, Truppen und Geldmittel zu stellen.
So stellten die geistlichen Stände mit ihren Kirchenschätzen, die eingeschmolzen oder verkauft wurden, einen Teil der Finanzmittel, und auch die bedeutenden Kaufmannsfamilien Fugger und Baumgartner gaben bereitwillig Kredite.
Im September wurden in der Umgebung von Wien die ersten Akindschi, eine Truppe unbesoldeter, leichter Kavallerie, gesichtet. Diese schnelle Truppe, es sollen an die 20.000 Mann gewesen sein, ging brutal gegen die Bevölkerung vor. Diese Reitergruppen mit ihren kleinen, schnellen und robusten Pferden wurden dem Hauptheer vorausgeschickt, um unter der Bevölkerung große Unruhe zu verbreiten.
Während sie befestigte Städte mieden, verwüsteten sie vorwiegend einzeln stehende Gehöfte oder kleine Dörfer. Sie wurden daher besonders gefürchtet und „Senger und Brenner“ genannt. Auf ihren Streifzügen plünderten und mordeten sie. Überlebende wurden gefangen genommen und als Sklaven verkauft. Die Beute, die sie machten, war gleichzeitig ihr Sold und daraus ist auch ihre Brutalität erklärbar. Vom 27. September bis 14. Oktober 1529 wurde Wien belagert. Bedingt durch schlechtes Wetter, schlechte Versorgung und durch die erbitterte Verteidigung der Stadt brach Sultan Süleyman I. die Belagerung ab.
Im Jahre 1532 versuchte Sultan Süleyman I. Wien ein zweites Mal zu belagern, um die Macht Kaiser Karls V. zu brechen. Die Habsburger, angeführt von Kaiser Karl V. selbst, setzten den Osmanen und ihren Verbündeten ungefähr 80.000 Mann entgegen. Im „Nürnberger Religionsfrieden“ hatte sich Karl V. mit den protestantischen Reichsständen rechtzeitig geeinigt und konnte so neben den Reichstruppen, auch mit Soldaten aus anderen Teilen seines Reiches, den Angreifern entgegentreten.
Sultan Süleyman I., der Prächtige, wollte unbedingt den „Goldenen Apfel“ wie er Wien nannte, erobern. In Mitteleuropa war die Angst vor einer neuen Osmanengefahr groß, Gräuelpropaganda trug ihren Teil dazu bei. Das christliche Europa fürchtete um seine Religion und seine Identität. Der Vormarsch des osmanischen Heeres wurde von in Güns mehrere Wochen aufgehalten. Daher fielen die Akindschi in die Steiermark und in das südliche Niederösterreich, somit auch in unsere Gegend, ein. Ihre Truppen erreichten unter Kasim Beg die Enns, die sie bei Gleink und Dietach überquerten und die dortige Gegend verwüsteten. Die Truppen wurden aber über die Enns zurückgeworfen. Die Enns war somit der weiteste Punkt, den das osmanische Heer erreichte. Oberösterreich blieb dadurch von dieser Gefahr verschont.
Osmanengefahr in Waidhofen und Umgebung
Über die Osmanengefahr für Waidhofen und die Verteidigung durch die Bevölkerung berichten uns die beiden „Frieß“ in Ihren Broschüren, auf denen dieser Artikel beruht . Ihre Arbeiten sind durch die Zeit, in der sie geschrieben wurden, geprägt. In der österreichischen Geschichte ist das Geschehen von 1532 in Waidhofen eine kleine Episode, welche durch Erzählungen noch reichlich ausgeschmückt wurde. Die Menschen im Jahre 1532, welche die Gefahr hautnahe erlebt haben, prägten diese Ereignisse jedoch für ihr weiteres Leben.1522 befahl Ferdinand I. die Befestigungsanlagen der Stadt auszubessern. Die Bevölkerung der Stadt Waidhofen war durch einen Stadtbrand 1514 verarmt und so wurde der Stadtrat verpflichtet bis auf weiteres den Überschuss der jährlichen Bestandssumme für die Ausbesserung der Befestigungsanlagen zu verwenden.
Diese waren 1532 noch nicht vollendet und wurden im Bereiche der Bürgerspitalkirche behelfsmäßig ausgebessert und durch Palisaden verstärkt. Durch die Gründung der Schützengesellschaft und die durch die Landesregierung den Bürgern auferlegten Waffenübungen war eine ca. 200 Mann starke Truppe für die Verteidigung der Stadt gut ausgebildet.
Der Stadtrichter Erhard Wild führte das Kommando über die Bürger und die Bewohner der Vorstädte. Die Bewohner der Vorstädte waren hauptsächlich Handwerker und Schmiede, welche ihre Häuser und Werkstätten entlang des Baches hatten (vermutl. Schwarzbach). Es war bekannt, das die Akindschi, türkische Hilfstruppen, befestigte Städte umgingen, da ihre Kampfkraft für einen Angriff nicht ausreichte. Die Stadt war in 10 Verteidigungsbezirke, sog. Rotten, eingeteilt, die von sog. Rottführern geführt wurden. Schießpulver und Blei sowie Proviant, Lebensmittel und Wein, wurden von der Umgebung in die Stadt geführt und gelagert. Quartiere für die zu erwartende Bevölkerung der Umgebung in den Häusern eingerichtet. Wasservorräte zur Brandbekämpfung bereitgestellt. Die Stadt war gerüstet.
Die Akindschi waren in drei Abteilungen gegliedert, sie wollten sich bei der Stadt Steyr vereinigen. Das Vorhaben wurde durch das Herannahen geharnischter Reiter vereitelt. Mehrere Scharen trennten sich von ihrer Abteilung und eine davon schwärmte über die Heide in das Gebiet der Herrschaft Gleiß. Am 7. September wurden der Ort Gerstl, das Wirtshaus, die Mühle und das Sägewerk niedergebrannt. Am 8. September ereilte den unbefestigten Markt Ybbsitz das gleiche Schicksal. Waidhofen war zu diesem Zeitpunkt schon auf den Feind vorbereitet. Kundschafter, der Ausguck auf dem Kirchenturm, Kreidefeuer auf dem Sonntagberg und auf den Höhen der Umgebung, wie auch die brennenden Höfe waren die Vorzeichen. Die brandlegenden türkischen Streifscharen fanden bei Gstadt oberhalb der Brücke eine unbekannte Furt, durchquerten die Ybbs und lagerten auf der Wiese bei den Kreilhöfen. Die Brücke wurde von bewaffneten Hammerschmieden des Welsch-Hammers in der Schütt und Bauern bewacht und verteidigt. Von einem Schuss der Bewachungsmannschaft auf dem Ybbsturm und durch den Lärm und Trommelwirbel aus der Stadt wurden sie in die Flucht geschlagen. Sie kehrten in ihr Lager zurück und brannten auf diesen Weg den Welsch-Hammer nieder . Dies veranlasste den Stadtkommandanten Erhard Wild einen Ausbruch zu wagen um die evakuierten Häuser in der Vorstadt Leithen zu schützen. Die kleine Schar der Kämpfer zog mit ihren Geschützen und Handfeuerwaffen unter dem Lärm von Kanonendonner, es wurde von allen Türmen der Stadt geschossen, dem Lager des Feindes entgegen. Der Feind geriet in Panik, da er ja nicht wusste, wie viele Kämpfer sich ihm noch entgegenstellen würden. In großer Hast flüchteten die Türken über den Sattelgraben auf dem Grasberg. Sie hinterließen nach den Angaben des Totengräbers 224 ermordete Gefangene. Ihre Flucht setzten sie hinab zum Bauernhaus Hartbichl fort, welches sie brandschatzten. Das Bauernhaus lag dem Gasthof „zum Hiaslwirt“ gegenüber. Wild befürchtete das Zurückfluten des Feindes in die offene Wasservorstadt und sendete eine Abteilung von 100 Mann dem Feinde nach, diese erreichten die Nachhut des Feindes. befreiten viele Gefangene und erbeuteten 17 Pferde und viele Waffen. Eine Abteilung mit 18 Mann unter der Führung des städt. Oberhauptmann Berkhaimer griff in diesen Kampf ein, die Namen und Berufe der Männer sind bekannt, darunter werden die ersten Schmiede erwähnt. Stadtrichter Wild plante eine größere Offensive mit Beteiligung der Bevölkerung von Gaflenz und Weyer, aber diese kam nicht zustande.
Am Abend des 9. September lagerten wieder 3000 Türken auf der Kreilhofer Wiese. Stadtrichter Wild entschied sich am Morgen des 10. September den Feind mit der bewaffneten 400 Mann starken Bürgerschaft zu umzingeln, während die Handwerkerabteilung, ihr gehörten die Sensenschmiede an, dem Feind vom Buchenberg her, in den Rücken fallen sollte. Der Plan gelang, die Türken sahen ihre einzige Rettung in der Flucht über dem Buchenberg. Um zügiger voran zu kommen, erschlugen sie wieder ihre Gefangenen und erhofften sich auch durch ihre schnellen Pferde, den zu Fuß marschierenden Angreifern zu entkommen. Auf dem Grasberg wurde der Feind zu seiner großen Überraschung von zwei Seiten angegriffen. Mehr als 150 Gefangene wurden von dem Feind erschlagen. An die 120 verwundete Gefangene wurden befreit und auf städt. Kosten im Bürgerspital gesund gepflegt.
Der türkische Rückzugsritt nach Gaflenz verlief fluchtartig, ihre Toten ließen sie zurück, auch 275 Pferde wurden zurückgelassen, (die toten Pferde mitgezählt). Viele Gefangene aus der Gegend zwischen Aschbach und Steyr wurden befreit. Die Beute war beträchtlich, die den Waidhofnern zufiel.
Am Abend, des gleichen 10. Septembers schlugen wieder Akindschis auf der Wiese zu Kreilhof zum dritten Mal ihr Lager auf. Die Bürger von Waidhofen überfielen auch diese Schar. Der Feind wurde geschlagen und viele Gefangene befreit, auch 26 Pferde fielen den Bürgern in die Hände. Die Türken flüchteten über Atschreith in den Reichenwald, darauf stellten die Bürger ihre Verfolgung ein.
Am 11. September rückte eine neue Abteilung aus der Stadt, einer Aufforderung des innerösterreichischen Feldhauptmannes Katzianer folgend, in Richtung Weyer aus um den angeblich vor Weyer liegenden Feinden den Weg in den Markt zu verlegen. Sie hatten keinen Feindkontakt, bezogen aber am nächsten Tag auf der Wiese beim Bauernhause Hartbichl Stellung. Auf dem Feind warteten sie vergebens. Der Feind war über Hollenstein nach Lunz geeilt. In der Folge vereinigten sich die Horden mit dem Heer des Sultans und traten den Rückzug an.
Die Erinnerung an diese erfolgreiche Abwehr der Türken lebt bis heute weiter. Godfried Frieß führt dazu aus: „Auch ist nicht unwahrscheinlich, dass Richter und Rath diesen wackeren Zunftgenossen [Sensenschmiede – C.D.] zur Ehrung ihrer Tapferkeit damals das „Gasatten gehen“ (das ist zur Nachtzeit unter Begleitung von Musik in den Gassen einen Umzug halten), mit den „Schwegelpfeifen“ und Trommeln als Andenken an die Türken gestattet hat, …“ (S. 55).
Die gewonnene Beute hatte einen beträchtlichen Wert. Stadtrichter Wild überbrachte daher gemeinsam mit dem ältesten Ratsmitglied Sebastian Zeysl den Lehnsherrn Bischof Philipp von Freising die drei schönsten Pferde als Geschenk.
Der Rat selbst beschloss im Jahre 1534, den wahrscheinlich schon vorhandenen Turm, unseren heutigen Stadtturm, aufzustocken. Der Bau wurde 1535 unter Stadtrichter Georg Peuntner begonnen und unter Stadtrichter Tätzel im Jahre 1542 vollendet. Die Inschrift auf dem Turm wurde zu einem späteren Zeitpunkt angebracht.
Die Türkenpfeifer
Am Abend des 16. Juni ist es wieder so weit, die Türkenpfeifer ziehen vom Stadtteil Zell aus kommend durch die Stadt bis in den frühen Morgen hinein. Die Musikanten sind an ihrer Kleidung, einen schwarzen Anzug und einem weißen Hemd sowie an ihrer fremdländischen Kopfbedeckung, dem roten „ Fes“ erkennbar. Das Schönste und Interessanteste ist aber ihre Musik. Sie spielen einen Marsch, den sogenannten „Sensenschmiedmarsch“. Zwei der Musikanten blasen auf Schwegelpfeifen und der Dritte gibt mit seiner kleinen Trommel den Takt vor. Begleitet werden die Spieler von einem vierten Mann, den sogenannten „ehrlichen Mitgeher “oder „Aufklauber“. Er hat die Aufgabe die Bürger der Stadt mit dem Ruf “Auf in Gott´s Nam´ d´ Türken san do!“ zu wecken. Es ist eine Ehre, wenn die Bürger und Honoratioren mit ihren Namen dazu aufgefordert werden. Sie bedanken sich hierauf mit der Bewirtung der Musikanten oder mit Geld.
Der Brauch jährt sich heuer zum 480-zigsten Mal. Seinen Ursprung hat er in einer Begebenheit, welche sich um den 12. September 1532 hier in Waidhofen und Umgebung ereignete. Die Akinci, türkische Hilfstruppen, als „ Senger“ und „Brenner“ verschrien, verwüsteten im Zuge eines türkischen Feldzuges unter Süleyman I. den Prächtigen unsere Heimat. An dieses Ereignis erinnert das sog. „Gassattengehen“ ein Gehen von Haus zu Haus. Das „Gassattengehen“ ist ein alter „Heischebrauch“, der auf ein Privileg des Lehensherrn Bischof Philipp von Freising zurückgeht.
Dieser Heischebrauch wurde, wie der Chronist Dr. Godfried Frieß mitteilt, „vom Waidhofner Richter und Rath zur Ehrung ihrer Tapferkeit“ in den schweren Tagen der Türkeneinfälle den Sensenschmieden „auf ewige Zeyten“ verliehen.
Die beim „Gassattengehen“ gespendeten Gelder verwendeten die Sensenschmiede, die die Türkenpfeiffer stellten, für bedürftige Mitglieder ihrer Zunft. Die Ära der Sensenschmiede ging 1954 mit der Schließung des letzten „Hammers“, dem Bammerhammer, zu Ende und damit war das „Gassattengehen“ der Türkenpfeiffer vom Verschwinden bedroht. Der Brauch wurde von freiwilligen Musikanten aufrechterhalten. Eine Vereinbarung zwischen dem Musealverein und der Stadt Waidhofen sicherte ab 2005 die regelmäßige Durchführung. Die Einnahmen wurden seit einigen Jahren einem wohltätigen Zweck zugeführt.
Neben dem „Gassattengehen“ erinnert seit 1932 die anlässlich der 400 Jahrfeier angebrachte Stadtturminschrift an dieses Ereignis: „Im Jahre 1532 schlugen Bürger, Schmiede und Bauern die Türken in die Flucht und erbauten zur Erinnerung diesen Turm“. Eine der 4 Turmuhren zeigt immer 11 Uhr 45 an, das ist die Zeit an dem der Angriff der Waidhofner auf die Feinde erfolgte. Neben diesen beiden Erinnerungen, weist die Turmspitze mit ihrem liegendem Halbmond und dem darüber befindlichen Stern, auf diese Zeit hin. Dieser Dachreiter findet sich auch auf vielen Waidhofner Bürgerhäusern.
Der von den Türkenpfeiffern beim „Gassattengehen“ gespielte „Sensenschmiedmarsch“ wurde auch am „Sensenschmied-Jahrtag“ vorgetragen. Der Sensenschmied-Jahrtag fand nach Abschluss eines Arbeitsjahres der Schmiede statt. Er stimmt nicht mit dem Kalenderjahr überein. Der Jahrestag wurde ursprünglich am 6. November (St. Leonhard) später am 25. Juli (St. Jakob) und ab dem Jahre 1888 am 24. Juni (St. Johann) abgehalten. Er begann am Vortag mit einem Umzug durch die Stadt, dazu wurde der Weinständer (dieser steht jetzt im Museum) aus dem Herbergsgasthause geholt. (Das Herbergsgasthaus war „Die Goldene Sonne“ in der Weyrerstraße derzeit die Galerie Urban). Die erste Füllung mit Wein und Met wurde vom Bürgermeister gespendet, dann ließ man weitere Spender hochleben und unter den Klängen der Türkenpfeifer zog man durch die Nacht. Am nächsten Tag war der Gottesdienst der St. Johanneszeche, der Vereinigung der Sensen- und Sichelschmiede. In der Woche danach ruhten die Hämmer, es wurden notwendige Reparaturen durchgeführt.
Die Originalnoten befinden sich u.a. in einem Fremdenführer über die Stadt Waidhofen von Dr. Zelinka aus dem Jahre 1874. Bezeichnet wird der Marsch als „Original-Marsch der Sensenschmiede von Waydhofen a.d. Ybbs aus dem Jahre 1532, welcher noch jetzt an den Jahrestagen gespielt wird, für zwei sogenannte Schwegelpfeifen und die kl. Trommel“. Als Quelle wird Friedrich Schiffner, Chormeister zu Waydhofen a.d. Ybbs, angegeben. Der Komponist, sowie der Zeitpunkt der Entstehung sind nicht bekannt. Auch Edeltraud Wöhry, die 1972 den Marsch im Rahmen einer Seminarbeit zum Thema Musikalische Volkskunde behandelt, gibt an, dass „der Ursprung des Marsches im Dunkeln liegt“ (Seite 5). Nach ihrer Aussage wurde der Marsch, obwohl für Schwegelpfeifen vorgesehen, „immer auf Querflöten gespielt“ (a.a.O.). Heutzutage kommen wieder Schwegelpfeifen zum Einsatz.
Ob die Türkenpfeiffer, Sensenschmiede oder freiwillige Musikanten, den Heischebrauch tatsächlich ununterbrochen seit dem 16. Jahrhundert pflegten, wurde von der Autorin nicht recherchiert. Eine wichtige neuzeitliche Quelle ist die Zeitung „Der Bote von der Ybbs“ bzw. „Der Ybbstaler“. Beginnend von der 400-Jahr-Feier der Türkenabwehr (1932) konnten folgende Ankündungen und Artikel gefunden werden. Im Ständestaat von 1935 – 1938 wurden sog. Sensenschmiedkränzchen abgehalten, das Gassattengehen wird nicht explizit erwähnt. Weitere Hinweise finden sich als Bekanntmachungen in den Kriegsjahren 1939-1943. Das erste offizielle Gassattengehen der Türkenpfeiffer nach Kriegsende findet 1946 mit der Genehmigung der russischen Kommandantur statt. Mit dem Ende der Schmiedezunft 1954 wechselt auch der Startpunkt des Gassattengehens von der Weyrerstraße, d.h. von der sog. Wasservorstadt, zum Stadtteil Zell. Die erste Erwähnung hierzu findet sich 1957. Weitere Artikel bzw. Ankündigungen finden sich für die Jahre 1958-1965 und 1967-1993, diese fehlen für die Jahre 1966 und 1994. Im Jahre 1994 findet sich eine „Todesanzeige“ für den „althergebrachten Brauches des Türkenpfeifens“. Dieser flammende Appell führte dazu dass der Brauch wieder bis 2006 aufgenommen wurde. Für das Jahr 2007 bis 2010 finden sich keine Artikel bzw. Ankündigungen. Aufgrund einer Privatinitiative fand der Brauch im Jahr 2011 wieder statt. Dem zu Folge waren die Türkenpfeiffer von 1932-2011 nur sieben Mal nicht unterwegs.
Die Autorin möchte sich auch bei Musikanten bedanken, welche viele Jahre diesen einmalig schönen Brauch hochgehalten haben. Ihre Namen sind mir leider nicht alle bekannt, da ich mit den Nachforschungen noch beschäftigt bin. Mein besonderer Dank gilt Hrn. Wolfgang Lechner und Hrn. Ferdinand Hager. Weiter möchte ich mich bei Familie Herdy, Hutmacher, bedanken, welche den Musikanten neue Kopfbedeckungen angefertigt haben. Wir können uns also alle wieder auf die Türkenpfeiffer freuen und sie wohlwollend aufnehmen.
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